Kohlarte Cadaques

From Disco to Disco Teil 2 Postkarten-Prosa 10/11 31. Dezember: Du sollst über das Jahr nicht vor Silvester urteilten. Am Freitag erhält die Stadt eine kräftige Infusion Wochenendgäste und wird lebendig. Im Galeon rockt um Mitternacht eine Band, der Sänger schwitz wie ein Kesselheizer und entblößt seinen Oberkörper. Auch im Brown Sugar halten sich die Musiker an ihre Verabredungen. Sie spielen vor der Tür. Drinnen ist zu viel Gedränge. Schließlich finde ich mich im Frontera zum Tanz ein und werde mit fremden Federn geschmückt. WikiLeaks! .. WikiLeaks! Der Ausruf verfolgt mich die halbe Nacht. Ich kann nur wenig Ähnlichkeiten mit Julian Assange an mir entdecken, widerspreche aber der jungen, hübschen
	Katalanin nicht. Die Unterhaltung verläuft trotzdem schleppend. Ihr Englisch ist schlechter als meines. Schließlich übersetzt ihre Freundin: "Wenn ich besser Englisch könnte, würde ich dir mein ganzes Leben erzählen." "Erzähle es mir auf Spanisch!" antwortete ich ihr auf Deutsch "und du kannst dir sicher sein, dass ich keines deiner kleinen Geheimnisse verraten werde." Das letzte Bier im Frontera geht auf Kosten des Hauses und ist das eine Bier zu viel. Auf der Fahrt zum Leuchtturm kapituliere ich in der dritten Kurve vor meinem rebellischen Magen. 1.Januar: Während wir auf dem Heimweg vom Restaurant auf einen kurzen Abstecher ins Galeon einkehren, überkommt mich eine Ahnung: Die Nacht danach ist die Nacht der Nächte. Doch ich verzichte. Ich habe gerade erst meine Gesichtsfarbe wiedererlangt und möchte sie nicht gleich wieder verlieren.
		2. Januar: Im Café Galeon hat sich's ausgeraucht und nicht nur dort. Mit dem neuen Jahr wacht in Spanien das Auge des Gesetztes streng über die Reinhaltung der Luft. Am Samstag hatte Jennis noch einen großen Abend. Da rührte der Deckenpropeller schwerfällig durch die dicke Luft im kleinen Landen. Es wurde geraucht als gäbe es kein Morgen und zum Abschied spielte eine Band.